„Er ist mit der Lebenshilfe gewachsen“

Bru­no Marx im Krei­se sei­ner Fa­mi­lie. Sie fei­er­ten mit ihm sei­nen Ab­schied von der Le­bens­hil­fe. Nach 47 Jah­ren geht er nun in den Ru­he­stand.

Nach 47 Dienst­jah­ren hieß es jetzt für Pro­ku­rist Bru­no Marx Ab­schied zu neh­men. In klei­nem Kreis wur­de am ver­gan­ge­nen Frei­tag ge­fei­ert.

  1. WEN­DEL |Über vie­le Jah­re galt bei der Le­bens­hil­fe St. Wen­del: Wer die Durch­wahl 111 wählt, dem wird ge­hol­fen. Am an­de­ren En­de der Lei­tung mel­de­te sich Ver­wal­tungs­lei­ter Bru­no Marx. Das war im­mer so. „Als ich am ver­gan­ge­nen Mitt­woch­mor­gen die 111 wähl­te, ging nie­mand ran“, er­zählt die Be­triebs­rats­vor­sit­zen­de Hei­de Theo­bald. Sie sei im ers­ten Mo­ment über­rascht ge­we­sen, aber dann fiel es ihr noch­mal ein. Bru­no Marx hat­te am 30. Ju­ni sei­nen letz­ten Ar­beits­tag. Nach 47 Jah­ren bei der Le­bens­hil­fe ist er nun im Ru­he­stand. Sei­nen Ab­schied fei­ert er am ver­gan­ge­nen Frei­tag.

Ein Schrift­zug mit „Dan­ke Bru­no“ ziert ei­ne Wand der Sport­hal­le im Haus Klaus Schrei­ner und ist zu­gleich auch das Mot­to des Ta­ges. Lan­ge, so be­rich­tet Le­bens­hil­fe-Ge­schäfts­füh­rer Pe­ter Schön, sei das Da­tum im Ka­len­der mar­kiert ge­we­sen, die Vor­be­rei­tun­gen für das Fest an­ge­lau­fen. „Al­le Plä­ne wur­den dann von Co­ro­na über den Hau­fen ge­wor­fen“, ge­steht Schön. Ger­ne hät­te er den Pro­ku­ris­ten un­ter an­de­ren Vor­zei­chen ver­ab­schie­det. „Mit mehr Nä­he statt mit Ab­stand, mit mehr Papp­na­sen statt mit Mund-Na­sen­schutz“, so Schön. Vor al­lem aber mit mehr Gäs­ten. Nur zu ger­ne hät­ten sich die Men­schen mit Be­hin­de­rung von Bru­no Marx ver­ab­schie­det. Sie sei­en ihm im­mer am Wich­tigs­ten ge­we­sen. „Den Mensch zu se­hen, so wie er ist. Das ha­be ich von Bru­no ge­lernt“, sagt Le­bens­hil­fe-Ge­schäfts­füh­rer Her­mann-Jo­sef Scharf.

Es war am 1. Ok­to­ber 1973, als Bru­no Marx als Lehr­ling zu der 1966 ge­grün­de­ten Le­bens­hil­fe kam. Da­mals ar­bei­te­te noch am Stand­ort in Reit­scheid. Kurz dar­auf, 1976, lern­te Hei­de Theo­bald den heu­ti­gen Ru­he­ständ­ler ken­nen. Da­mals war sie noch Prak­ti­kan­tin. Mit dem Mo­fa sei Bru­no Marx zu die­ser Zeit an­ge­braust ge­kom­men, heu­te mit dem schi­cken Ca­brio.

„Vom Lehr­bub zum Pro­ku­ris­ten“ hat es Marx in 47 Dienst­jah­ren ge­bracht. „Du bist Dir in Dei­nem Amt im­mer treu ge­blie­ben, warst mo­ti­viert, flei­ßig, be­schei­den und stets auf die Pra­xis be­dacht“, sagt Pe­ter Schön mit Blick auf den Ver­wal­tungs­lei­ter. Sein Ge­schäfts­füh­rer-Kol­le­ge er­in­nert der­weil an den Job als Fest­wirt bei den Som­mer­fes­ten, den Marx stehst mit viel Be­geis­te­rung über­nom­men hat­te. Die Le­bens­hil­fe sei in den zu­rück­lie­gen­den Jahr­zehn­ten zu ei­nem stram­men Baum ge­wach­sen und die­ser le­be von den Wur­zeln. „Und ei­ne die­ser Wur­zeln war Bru­no“, sagt Scharf. Ähn­lich be­wer­tet es Bern­hard Mül­ler, Auf­sichts­rats­vor­sit­zen­der der Le­bens­hil­fe St. Wen­del, wenn er sagt: „Bru­no Marx ist mit der Le­bens­hil­fe ge­wach­sen.“ Um zu ver­deut­li­chen, dass der Ver­wal­tungs­lei­ter tat­säch­lich ein Ur­ge­stein der Le­bens­hil­fe ist, merkt Mül­ler an: „Als er an­fing, war Pe­ter Schön noch nicht ge­bo­ren.“

Die Red­ner tei­len mit den Gäs­ten die ein oder an­de­re Er­in­ne­rung an ih­re Zeit mit dem Ru­he­ständ­ler. „Es ist ein Na­tur­ge­setz, dass es beim Ab­schied mehr Lob als sonst im kom­plet­ten Be­rufs­le­ben gibt“, sagt Schön. Und er soll Recht be­hal­ten. Denn mit An­er­ken­nung für die Leis­tung des schei­den­den Pro­ku­ris­ten wird an die­sem Nach­mit­tag nicht ge­spart.

So ist es nicht wei­ter ver­wun­der­lich, dass die Stim­me ein we­nig vor Rüh­rung zit­tert, als Bru­no Marx dann selbst zum Mi­kro­fron greift. „Wer mich kennt, weiß, ich bin kein gro­ßer Red­ner, aber es liegt mir am Her­zen, mich zu be­dan­ken – beim Team und bei mei­ner Fa­mi­lie.“ Viel Freu­de hät­te ihm die Zeit bei der Le­bens­hil­fe be­rei­tet. Es sei nicht im­mer ein­fach ge­we­sen, aber er­fül­lend. „Ich ha­be viel in der Le­bens­hil­fe ge­lernt“, sagt Marx. Was folgt, ist mi­nu­ten­lan­ger Ap­plaus sei­ner Gäs­te.

Zu solch ei­ner Fei­er ge­hö­ren auch Ge­schen­ke, so auch ei­nes mit Sym­bol­kraft. Es soll dem Ab­schied­neh­men­den sa­gen, dass er stets will­kom­men ist. Da­her über­reicht ihm Pe­ter Schön ei­nen ge­bas­tel­ten Schlüs­sel zur Le­bens­hil­fe.

(Von Eve­lyn Schnei­der, Bericht Saarbrücker Zeitung, 6.7.2020)